
Schnelles Denken ist unser natürlicher Denkmodus. Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat bewiesen, dass er in einer völlig vertrauten Umgebung einwandfrei funktioniert – aber auch nur dort. Alle Projekte, die keine absolute Routine für alle Akteure sind, erfordern die entgegengesetzte Denkweise. Deshalb müssen wir lernen, in neuartigen Projekten langsam zu denken. Langsames Denken ist unaufgeregtes Denken. Durch die Prinzipien und Techniken einer „unaufgeregte Informationsanalyse“ hilfst Du jeder Projektgruppe agil zu sein und unvoreingenommen zu entscheiden. Wie das funktionieren kann, erklären wir im Folgenden.
So funktioniert unsere Wahrnehmung
In seinem Bestseller „Schnelles Denken, Langsames Denken“, beschreibt Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman die Gegensätzlichkeit zwischen zwei verschiedenen „Systemen“ des Denkens:
- System 1: Schnell, intuitiv, unbewusst, emotional
- System 2: Langsam, reflektierend, bewusst, nicht emotional

Kahneman erklärt das Zusammenspiel der beiden Denksysteme anhand einer Zeitungsredaktion. In einem Raum sitzen supereifrige, nimmermüde Redakteure, die jede News ungeprüft „raushauen“ – gleich, ob es sich um Fakten oder Fake handelt (System 1). Im Nachbarraum sitzt ein äußerst fauler Chefredakteur (System 2). Der dämmert vor sich hin und lässt die Redakteure einfach machen. Um ihn zu wecken braucht es schon einiges: eine grobe Unstimmigkeit, die ihm so gar nicht ins Bild passt. Erst dann wird er aktiv und hinterfragt das Tun der Redakteure..
Laut Kahneman ist das „schnelle Denken“ gleichzusetzen mit „unbewusstem Schlussfolgern“ und „Entscheiden aus dem Bauch“. Es ist unser Standardmodus, unser dauerhafter Betriebszustand der Wahrnehmung! Dies ist wichtig festzuhalten: schnelles Denken ist weder schlecht noch gut – es ist einfach das, was wir immer und üblicherweise tun. Die Frage lautet also nicht, ob wir schnell ODER langsam denken, sondern die Frage lautet, wie oft wir es schaffen, schnell UND langsam zu denken – und in welchen Situationen wir unser „langsames Denken“ aktivieren sollten, um folgenschwere Fehler in der Wahrnehmung zu vermeiden.
Alle Projekte, die nicht für alle Beteiligten absolute Routine sind, erfordern langsames Denken. Ansonsten kommt es zu unerwünschten Effekten wie kräftezehrende und unproduktive Diskussionen oder mittelmäßigen bzw. realitätsfernen Entscheidungen.
Die gute Nachricht:
Laut Kahneman ist der einzelne Mensch weitgehend blind gegenüber seiner intuitiven Wahrnehmung – eine heterogene Gruppe von Menschen hat jedoch das Potenzial, schnelles, intuitives Denken zu erkennen und unerwünschte Effekte zu verringern.

Langsames Denken beschleunigt Projekte
"Langsames Denken in Projekten" dauert nicht lange. In der Regel benötigt es sogar weniger Zeit als die übliche Vorgehensweise. Denn unser üblicher Denkmodus – das schnelle Denken – treibt uns regelmäßig in die selektive Wahrnehmung und in entsprechend zeitraubende Diskussionen. Langsames Denken strebt an, Zeit effektiver zu nutzen – durch systematische und unaufgeregte Informationsanalyse. Langsames Denken ist deshalb keine „Schnecke“, es ist vielmehr ein „Igel“. Das schnelle Denken gleicht in diesem Bild eher einem „Hasen“, der zwar mit hoher Geschwindigkeit unterwegs ist, das Rennen aber dennoch verliert. Zumindest gilt das für jedes herausfordernde Projekt. Führe deshalb langsames Denken in Deinen Projekten ein. Den allereinfachsten Weg, wie Du das erreichen kannst, beschreibt unser „Manifest“.
Eine praktische Anleitung für langsames Denken in Projekten
Langsames Denken beginnt bei einem selbst, denn es ist kontra-intuitiv – es ist nicht das, was wir üblicherweise tun. Daher braucht es für langsames Denken eine bewusste Veränderung. Diese Veränderung bedeutet für jeden Projektverantwortlichen zuallererst eine Arbeit an sich selbst. Diese Arbeit umfasst vier Ebenen:
1. GRUNDHALTUNG
Nimm „Ich weiß es nicht" als Grundhaltung ein.
Langsames Denken ist das Denken von allen, die an wahrem Wissen interessiert sind. Es ist die Grundhaltung von Forschern und Designern. Diese Suche nach Wissen erfordert „Ich weiß es nicht“ als Grundhaltung. Dies wiederum erfordert Mut und Selbstreflexion. Nur „Ich weiß es nicht“ als Haltung ermöglicht es, die eigenen intuitiven Annahmen kritisch zu hinterfragen und sich offen und ausdauernd einer sachgemäßen Informationssuche zu stellen.

2. VOR EINEM PROJEKT
Vermesse die „Neuartigkeit des Projekts“ aus Sicht der Projektakteure.
Deine Grundhaltung „Ich weiß es nicht“ sollte zuerst dazu führen, dass Du herausfindest, wie bekannt oder unbekannt ein Projekt tatsächlich ist. Denn selbst, wenn ein Projekt für Dich möglicherweise als Routine und Alltag erscheint, mag das noch lange nicht für alle anderen Akteure gelten. Du weißt es eben nicht und deshalb solltest Du es herausfinden.

3. VOR EINEM MEETING
Übe Dich in Geduld und Offenheit.
Praktisch heißt das, die Füße stillzuhalten, insbesondere jede detaillierte inhaltliche Planung und Organisation so lange zurückstellen, bis Du mit den wesentlichen Projektakteuren gemeinsam gedacht hast. Denn je mehr Zeit Du in ein Konzept oder eine andere Vorüberlegung steckst, je weniger wirst Du offen sein, diese im Nachhinein kritisch zu hinterfragen. Mache Dir vor einem Meeting Deine Annahmen bewusst – und stufe sie bewusst als „Vorkenntnisse“ ein, die Du bereit bist, für ein tieferes, gemeinsames Verständnis, herzugeben.

4. IN EINEM MEETING
Breche die üblichen Gesprächsmuster, um bessere Entscheidungen zu treffen.
Die drei Phasen langsamen Denkens in einem Meeting umfassen:
— Divergentes Denken (= Anfang)
— Perspektivwechsel (= Mitte)
— Konvergentes Denken (= Ende)
Diese drei Phasen sind vergleichbar mit der Struktur von kreativen Denkprozessen bzw. partizipativen Entscheidungsprozessen. Sie unterstützen eine unaufgeregte Informationsanalyse und helfen den Beteiligten, gemeinsam zu denken.

Eine ausführliche Beschreibung der „Methodik des langsamem Denkens“ findest Du in unserem Buch "Hey, nicht so schnell!".
Wir bieten auch Workshops zum Thema
- Services für bessere Projekte (Seminare und mehr)- Aktuelle offene Events s. Veranstaltungsankündigungen