Was ist "gutes Projektdesign"?
Projektdesign (engl: Project Design) wird immer wichtiger. Sagt man so. Liest man so. Auch bei uns. Bereits seit 2016. Denn da haben wir ein Buch dazu veröffentlicht. Seitdem haben wir viel gelernt. Ganz praktisch. Über Projektdesign. Wie man das verstehen kann. Was dazu gehört. Wer dabei sein sollte. Und wie man wirklich gute „Projekte designed“.
Hier sind unsere drei Haupterkenntnisse:
1. Projektdesign erfordert Designdenken
Das Design eines Projekts ist mehr als nur „Plan“ oder „Entwurf“ eines Projekts. Wer das Designergebnis vorrangig als „Gesamtarchitektur“ betrachtet (wie es die ICB 4.0 tut) und auf dem Weg dorthin „Kritische Erfolgsfaktoren“, „Benchmarking“ und „Lessons Learned“ in den Mittelpunkt stellt, der offenbart eine bestimmte Denkschule. Es ist die Denkschule von Betriebswirten und Ingenieuren. Deren Betrachtungsobjekte sind „die Organisation“ und „das System“. Damit wir uns nicht missverstehen: Daran ist überhaupt nichts Falsches oder Schlechtes. Das Gegenteil ist der Fall. All diese Dinge sind wichtig. Doch sie sind nur ein Schritt beim Projektdesign. Eigentlich sind sie der dritte. Denn der erste Schritt erfordert, na wie der Name schon sagt: „Designdenken“. Wenn man Projektdesign indessen als reine Ingenieurs- oder Managementaufgabe (und -kompetenz) versteht – wie es die meisten „Guidelines“, „Checklisten“ und „Templates“ nahelegen – übersieht man wesentliches. Dieses Wesentliche ist der menschliche Kunde. Projekt-Designdenken geht immer vom menschlichen Kunden aus. Und den muss man erst einmal finden, den menschlichen Projektkunden. Das ist tatsächlich die erste Frage guten Projektdesigns: gibt es (mindestens) einen Menschen, der das Projekt wirklich will? Nochmal: einen MENSCHEN! Denn Projektkunden sind niemals Abteilungen oder andere abstrakte Gebilde. Weder können wir mit Abteilungen sprechen noch mit Organisationen verhandeln. Das können wir nur mit Menschen. Deshalb ist es wichtig, dass wir am Anfang die Menschen identifizieren, die das Projekt wirklich wollen. Haben wir sie gefunden, können wir mit ihnen sprechen und von ihnen den wahren Zweck des Projekts erfahren. Ohne menschliche Kunden hat alles keinen Zweck. Dann braucht es kein Projekt – und auch kein Projektdesign!
2. Projektdesign erfordert gemeinsames Verständnis
Projekte bringen Menschen zusammen, die sonst so nicht zusammenarbeiten. Diese Menschen besitzen unterschiedliche Sichtweisen und sprechen verschiedene (Experten)Sprachen. In solch einer heterogenen Gruppe muss sich ein Missverständnis gar nicht erst entwickeln. Es ist die natürliche Ausgangslage. Was wir entwickeln müssen, ist gemeinsames Verständnis. In der Vergangenheit haben wir mehrfach erleben müssen, dass selbst das beste „technische“ und „fachliche“ Projektdesign zum Scheitern verurteilt ist, wenn die Beteiligten es nicht verstanden haben. Denn dann bilden sich im Projetverlauf erhebliche Wiederstände – mangels Verständnis UND mangels Einverständnis der Beteiligten. Jetzt kann man argumentieren: „Klar, ein Projektmanager muss die Beteiligten auch abholen und mitnehmen.“ Doch was heißt das schon? Soll es bedeuten, dass der Projektmanager allein die richtige Richtung kennt, den Fahrersitz des Projektbusses besteigt und alle anderen zum festgelegten Ziel kutschiert. Das klingt sehr anstrengend (das Kutschieren) und unrealistisch (die richtige Richtung & das festgelegte Ziel). Denn was heißt schon „richtig“ und „festgelegt“ in VUCA-Zeiten? Komplexität bedeutet ja gerade, dass es keine objektiv beste und richtige Lösung gibt. Und Volatilität erfordert häufige Ziel- und Richtungswechsel (von dem „U“ und „A“ gar nicht zu reden). Soll der Projektmanager-Busfahrer denn jedes Mal auf’s Neue die dann jeweils „richtige“ Richtung erklären und alle anderen immer wieder „absetzen, abholen und mitnehmen“? Viel wirkungsvoller (und effizienter) ist es, von Beginn an echtes Verständnis zu entwickeln und ein gemeinsames Bild des Projekts zu schaffen, das jeder versteht und teilt. In VUCA-Zeiten lautet die Managementdevise daher: „Aktivieren & Miteinandermachen“ statt „Abholen & Mitnehmen“!
3. Projektdesign erfordert Projektdenken
Nun aber zum dritten Schritt. Dieser benötigt das, was die ICB 4.0 als „technische Kompetenz“ bezeichnet. „Fachlich“ trifft es genauso. Oder „fachlich-technisch“. Gleichwie, jedenfalls sollte man wissen, welche Arten von Projekten es gibt und welche Managementansätze und Führungsmodelle zum Steuern der entsprechenden Projektarten geeignet sind. Hier geht es um die Prinzipien, Methoden und Praktiken des Projektmanagements. Es geht um sequenzielle, inkrementelle, iterative, agile, schlanke und hybride Vorgehensmodelle, um deren Ablauf- und Aufbauorganisation. Aber mehr noch als um dieses „technische Wissen“ von Managementinstrumenten, geht es darum, es in geeigneter Form anzuwenden. „Geeignet“ heißt, es sollte auf den beiden vorherigen Schritten aufbauen und diese fördern. Die zentrale Herausforderung guten Projektdesigns in VUCA-Zeiten besteht darin, „technische PM-Kompetenz“ so zu nutzen, dass sie „gemeinsames Verständnis“ fördert. Dies erfordert zwei wesentliche Änderungen der bisher (leider noch immer) vorherrschenden Praxis. Zum Ersten erfordert es kooperative Projektdesign-Werkzeuge. Dies sind Werkzeuge, deren Nutzung für alle Beteiligten einladend, verständlich und motivierend ist. Es sind Werkzeuge, bei denen die Beteiligten keine „technische PM-Expertise“ besitzen müssen, um ebensolche anzuwenden. Beispiele für solche Werkzeuge sind der „Project Canvas“ und „LEGO® Project Design“. Doch wie wir alle wissen, nutzt das beste Tool allein wenig. Man muss es auch richtig einzusetzen wissen. Daher braucht es eine zusätzliche Projektmanagement-Expertise, die so noch nicht weit verbreitetet ist. Es braucht eine Prozessexpertise für Beteiligung. In VUCA-Zeiten muss der Projektmanager nicht nur Methodenguru und PM-Papst sein. Er sollte auch „Facilitator“ sein – für gute Entscheidungen, die von allen verstanden und getragen werden. Dabei helfen können die Prinzipien und Methoden des langsamen Denkens.
Das "Project Design U" beschreibt die Einführung und die Anwendung guten Projektdesigns (verwendbar unter der Lizenz CC BY-ND 4.0)
Zu guter Letzt:
Der "Project Design Master"!
Ein "Project Design Master" ist Coach, Facilitator und Experte für Management
In diesem Artikel ist wiederholt vom „Projektmanager“ die Rede. Dieser muss erstens nicht männlich und zweitens gar kein Projektmanager in herkömmlichem Sinne sein. Tatsächlich sehen wir diese Rolle eher als Coach, Mentor, Trainer, Facilitator und ja auch Managementexperte. Dieses Rollenprofil ist eher vergleichbar mit dem eines Scrum-Masters als eines klassischen Projektmanagers. Daher bezeichnen wir diese Rolle zukünftig als „Projektdesign-Master“.
Ein Projektdesign-Master beschäftigt sich mit den beiden Seiten des „Project Design U“ (s. Abbildung). Die linke Seite – die Einführung guten Projektdesigns – erfordert Mut. Denn häufig ist es eine echte Pionieraufgabe, das neue Denken in alte Organisationsstrukturen hineinzubringen. Die rechte Seite – die Anwendung auf ein konkretes Projekt – erfordert methodisches Wissen und Neutralität. Neutralität ist geboten, um das für die Sache und die beteiligten Menschen bestmögliche Projektdesign zu erarbeiten. Neutralität erfordert auch eine gewisse Distanz zum Projekt. Es ist eine Distanz, die ein Mensch, der anschließend das Projekt verantwortlich operativ leiten soll, nicht haben kann. Daher sehen wir – in einer idealen Welt – die Rolle „Projektdesign-Master“ außerhalb eines Projekts angesiedelt, etwa bei einem PMO oder einer ähnlichen beratenden Abteilung. Dazu mehr in einem zukünftigen Blog.
Wir bieten Workshops zum Thema
- Services für bessere Projekte (Project Design Training und mehr)- Aktuelle offene Events s. Veranstaltungsankündigungen