Ähnlich klingende Dinge, die sehr unterschiedlich wirken
Mal ehrlich, die Begriffe aus der Überschrift klingen alle gleich, oder? Tatsächlich sind sie aber sehr unterschiedlich. Vor allem unterschiedlich nützlich; sie dienen nämlich einem unterschiedlichen Zweck. Wie Schöpfkelle und Teelöffel: beide sind irgendwie ähnlich und doch unterschiedlich praktisch. Deshalb macht es auch Sinn, solche Dinge parat zu haben … und zu wissen, was man wann hervorkramt.
Im Folgenden ein kurzer Methodenvergleich. Für alle, die ihren Tee nicht gern mit der Schöpfkelle umrühren.
Thinking Hats
Im Jahr 1986 hat Edward de Bono sechs verschiedenfarbige Denkhüte (engl. Thinking Hats) vorgestellt. Diese Denkhüte sollen – wie der Name schon sagt – beim Denken helfen; sie zielen darauf, emotionales und sachorientiertes, kritisches und optimistisches, kreatives und ordnendes Denken miteinander zu verbinden. Durch das wechselseitige Tragen der Denkhüte soll es ermöglicht werden, zwischen verschiedenen Geisteshaltungen zu swítchen, d.h. einen Sachverhalt gezielt aus verschiedenen Denkrichtungen zu betrachten und so neue Erkenntnisse zu gewinnen. De Bonos berühmte Hüte sind daher vor allem eine KREATIVITÄTSTECHNIK.
Randnotiz: Einen ähnlich kreativen Rollenwechsel liefert die „Disney-Methode“, bei der ein Sachverhalt wechselseitig aus den Rollen „Träumer“, „Realist“ und „Kritiker“ betrachtet wird.
Nutzen: Entscheidungsgegenstand vielseitig bedenken, Ideen gewinnen, alle Positionen berücksichtigen, unterschiedliche Perspektiven erkennen, Konflikte in der Bewertung vermeiden.
Weiterlesen: de Bono, E.: De Bonos neue Denkschule: Kreativer Denken, effektiver arbeiten, mehr erreichen, 2005, zum Buch
Decision Hats
Die Methode wurde 2021 von Karen Schmidt und Frank Habermann entwickelt. Decision Hats regeln, welche sechs Rollen („Hüte“) jedes Entscheidungsvorhaben braucht und wie diese Rollen sinnhaft verteilt werden können. Die „Entscheidungshüte“ lauten: Owner, Vorbereiter, Auskenner, Entscheider, Umsetzer, Nutzer. Anders als bei de Bono repräsentieren diese Hüte keine Geisteshaltungen, sondern klar umrissene Aufgabenbereiche. Mit den Karten lässt sich klären, wer welche Aufgabenbereiche übernehmen soll. Das kann eine Person allein sein oder auch mehrere Personen. Da bei betrieblichen Entscheidungen häufig Letzteres der Fall ist, sind „Decision Hats“ ein wirkungsvolles Instrument für das STAKEHOLDERMANAGEMENT in Entscheidungsprozessen.
Nutzen: Aufgabenverteilung, Rollenklärung (jenseits von organisatorischen Positionen), Festlegen von Verantwortlichkeiten (von der Initiative bis zur Umsetzung einer Entscheidung), Verbesserung der Kommunikation, Vermeidung von Konflikten, Analyse (und Verbesserung) von unbefriedigenden Entscheidungsstrukturen u.a.m.
Weiterlesen: Habermann, F.; Schmidt, K.: Decision Hats – Field Guide. Einfach gute Entscheidungsprozesse gestalten, 2022, zum Buch
Decision Poker
Im Jahr 2020 begann ein Team der „Kurswechsler“ mit einem spielerischen Ansatz zu experimentieren, der Teams helfen sollte, die Frage „wie entscheiden wir“ zu beantworten. Das Ergebnis war „Decision Poker“. Ebenso wie „Decision Hats“ handelt es sich hier um ein Kartenspiel. Nur konzentriert sich „Decision Poker“ auf den Moment der Beschlussfassung, d.h. das „Fällen“ der Entscheidung. Die Karten vermitteln Wissen über sieben ENTSCHEIDUNGSVERFAHREN, die man hierbei anwenden kann: Mehrheitsentscheid, Konsens, eigenmächtiger Einzelentscheid, Widerstandsabfrage, Einwandintegration, beauftragter Fallentscheid, Top-Down-Entscheidung. Mit den Karten lassen sich die verschiedenen Vor- und Nachteile der Verfahren diskutieren und man kann verabreden, in welchem konkreten Fall man das eine oder andere Verfahren verwenden möchte.
Nutzen: Festlegen, wie entschieden werden soll (und wie nicht), bewusste Auseinandersetzung mit alternativen Entscheidungsverfahren, Freiheitsgrade erkennen und Flexibilität gewinnen, Kooperation in einem selbstorganisierten Team verbessern
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Delegation Poker
Bereits 1973 haben Robert Tannenbaum und Warren Schmidt im Harvard Business Review ein Konzept veröffentlicht, das beschreibt, wie Führungskräfte ihren Delegationsstil finden können. Es geht darum, den MITWIRKUNGSGRAD BEI BESCHLÜSSEN systematisch zu reflektieren. Dabei kann zwischen einem „Boss-zentrierten“ und einem „Untergebenen-zentrierten“ Ansatz gewählt werden. Hierfür haben Tannenbaum und Schmidt sieben Abstufungen entwickelt. Fast 40 Jahre später hat Jürgen Appelo dieses Konzept in Spielkarten gegossen und damit berühmt gemacht. Für die Delegation-Poker-Karten gibt es verschiedene Anwendungsformen. Das Wichtigste davon ist, in einem Team zu klären, wer den Entscheider-Hut trägt (s. „Decision Hats“) und wie ein getroffener Entschluss kommuniziert werden soll.
Nutzen: Festlegen, wer entscheiden soll (und wer nicht), Verantwortlichkeiten zwischen Führungskraft und Team verteilen (bei der Beschlussfassung), innerhalb eines Teams: Partizipationsgrad verabreden, als einzelne Führungskraft: bewusst über Delegationsformen nachdenken
Weiterlesen: Tannenbaum, R.; Schmidt, W.: How To Choose a Leadership-Pattern, Harvard Business Review, zum Artikel
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Vorgehensweise: so lässt sich das kombinieren!
Fazit:
Alle vier Instrumente sind äußerst nützlich und sie lassen sich hervorragend miteinander kombinieren. Für ein konkretes Entscheidungsvorhaben empfehlen wir die folgende Reihenfolge:
- Starte mit Decision Hats, um herauszufinden, wer beteiligt ist bzw. sein sollte und in welcher Rolle (denn merke: vor allem die Umsetzer, Auskenner und Nutzer einer Entscheidung werden sehr häufig vergessen!).
- Als „Owner“ der Entscheidung: Benutze Delegation Poker, um Dir darüber klar zu werden, wer entscheidet, d.h. ob Du selbst entscheiden kannst bzw. willst oder die Entscheidung besser delegierst.
- Als „Entscheider“: Benutze Decision Poker, um Dir (gemeinsam mit anderen, die den Entscheider-Hut tragen) darüber klar zu werden, wie ihr entscheiden wollt, d.h. nach welchem Entscheidungsverfahren der Beschluss getroffen werden soll.
- Als „Vorbereiter“: Benutze die Thinking Hats als Kreativitätstechnik, um den anderen Beteiligten zu helfen, den Sachverhalt aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, neue Erkenntnisse zu gewinnen und so die bestmögliche Entscheidungsgrundlage zu erhalten.
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